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Genet, Jean: Querelle (eBook)

Dieser schockierende Roman um den Matrosen und Mörder Querelle ist das Tagebuch eines Verdammten, den nichts retten kann, es sei denn die Objektivierung des Entsetzens durch Sprache. Jean Genet spricht das Intimste und das Öffentlichste aus, die Verwandlungen der Grausamkeit in Entzücken und des Entzückens in Grausamkeit, die Riten der Mörder, Opfer und Henker, die miteinander identisch sind. Jena Genet, der "dämonische Rhetor" (Jean-Paul Sartre), entblößt sich in diesem Roman ganz, er protestiert gegen die Tabus - er ist frei.

Den Rahmen der Handlung bilden die Tagebuchaufzeichnungen des Schiffsoffiziers Seblon, der den Matrosen Georges Querelle liebt, seine homosexuellen Neigungen jedoch hinter einer streng puritanischen Haltung zu verbergen versucht. Querelle verkörpert als skrupelloser Dieb, Mörder, Schmuggler und Freundesverräter den Typus des nach Genet absolut freien Menschen, der sich über alle Konventionen hinwegsetzt. Ihm steht als Gegentypus der Maurer Gil gegenüber, der sich trotz seiner Verbrechen an überkommenen Werten orieniert und dafür von Querelle an die Polizei ausgeliefert wird. Auch in anderen Figurenkonstellationen wird die Funktion bestimmter Normen, ihre Beliebigkeit und die schwierige Grenzziehung thematisiert. So verfließen in der verwirrenden Beziehung zwischen der Bordellchefin Lysiane und dem Bruder Querelles die Grenzen zwischen Homound Heterosexualität.

In diesem berühmt-berüchtigten Roman um den Matrosen und Mörder Querelle verachtet Jean Genet die abgenutzten Themen und Methoden der traditionellen Epik. Er ist das Bekenntnis eines Mannes, der bewußt keine Literatur schreiben will. Es ist das Tagebuch eines Verdammten, den nichts retten kann, es sei denn die Objektivierung des Entsetzens, das ihn überkam und das er durch seinen Text zu bannen sucht. Genet scheint auf dem Grund eines schwarzen Meeres zu wandern, auf den die Gegenwart, einem einzigen Sodom gleich, hinabgesunken ist. Er ist der geachtete und rebellische Lotse, der, alles erblickend, alles erkundend, alles aussprechend, alles durchdringend, die Begebenheiten in diesen Tälern des Todes notiert: das Intimste und das Offentlichste, die Ausstoßungen, Finsternisse, Leibeigenschaften, Unterwerfungen, die Auswege, Wunder, Hoffnungen, Siege und Rettungen, die Verwandlungen der Grausamkeit, die Riten und Mythen der Mörder, Opfer und Henker, die miteinander identisch sind. Es ist, als enthalte der Satz Kierkegaards: «Die vollkommene Liebe ist, den zu lieben, durch den man unglücklich wurde», vorausschauend Genet und seine Transfigurationen. Genet ortet die Gefilde der abgefallenen Engel und gewinnt gerade dadurch eine radikale Klassizität, die den Leser - mag er es wollen oder nicht in Besitz nimmt. Genet dichtet im Absoluten, er schreibt archaisch, er konzipiert Szenerien der Isolation, da alle Kommunikationen gescheitert sind. Er entblößt sich ganz, er protestiert gegen die Tabus, er ist frei. So erzielt er die Lauterkeit des Direkten, wissend, daß das Böse der Parasit des Guten ist. - «Querelle» ist 1982 von Rainer Werner Fassbinder verfilmt worden (Produktion: Planet-Film Dieter Schidor).

Auflage: 15. A. Verlag: Rowohlt Taschenb. Seiten: 220 S. Erscheinungsjahr: 2003 Ausführung: Taschenbuch (kartoniert)

ISBN: 9780802194237
CHF 19.45
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Details

Verlag Grove Atlantic
Einband Adobe Digital Editions
Erscheinungsjahr 1994
Seitenangabe 288 S.
Meldetext
Ausgabekennzeichen Englisch
Plattform EPUB
Reihe Genet, Jean
Autor*in Genet, Jean
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